Tempel­hopping in Kyoto

Tempeljäger kommen hier voll auf ihre Kosten, denn Kyoto ist voll von Tempeln (rund 1.600), Schreinen (rund 400) und Pavillons. Wenn es nach dem Besuch des X-ten Tempels langsam schwer fällt, die einzelnen noch voneinander zu unterscheiden, findet man zur Abwechslung auch noch eine Handvoll Burgen und Paläste, unzählige Gärten und bunte Einkaufsarkarden. Aber der Reihe nach.

Kyoto war einst Japans Hauptstadt und ist auch heute noch eine seiner geschichtlich und kulturell bedeutendsten Städte. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Stadt immer wieder durch Kriege und Feuer zerstört. Zuletzt stand sie während des Zweiten Weltkriegs ganz oben auf der Liste der Ziele für den Einsatz der ersten Atombombe. Auf Drängen des US-Kriegsministers, der die Stadt zuvor besucht hatte und um deren kulturelle Bedeutung wusste, wurde sie jedoch wieder von der Liste gestrichen und von schweren Luftangriffen verschont. So konnte Kyoto den Zweiten Weltkrieg weitestgehend unbeschadet überstehen und heute seine Besucher begeistern.

Und die Besucher kommen in Schaaren. Wer die verlassenen Tempelfotos von Instagram im Kopf hat, wird sich fragen, wie die wohl entstanden sein können, da es vor Ort in der Regel deutlich turbulenter zugeht. Häufig ist es allein der japanischen Höflichkeit zu verdanken, wenn einem hin und wieder mal eine Foto ohne andere Menschen gelingt. Denn es ist hier selbstverständlich hinter dem Fotografen zu warten, wenn man bemerkt, dass dieser gerade ein Foto schießen möchte.

Eines der markantesten Motive in Kyoto ist wohl der Fushimi Inari-Taisha, ein Shintō-Schrein im Stadtbezirk Fushimi, der für seine Alleen aus Tausenden von roten Torii bekannt ist. Jedes dieser Tore wurde von Personen oder Unternehmen gespendet – so findet man auf den Inschriften beispielsweise den Namen eines Tatoo-Studios. Für die mag die Werbung durchaus passen.

Der Kiyomizu-dera Tempel ist angeblich einer der bekanntesten in ganz Japan, doch auch dort wird enttäuscht, wer Ruhe und Einkehr sucht. Die Lage am Berghang mit Blick über die Stadt ist zu verlockend – gerade bei Sonnenuntergang.

Kyotos Wahrzeichen ist der Kinkaku-ji, zu deutsch „Goldener-Pavillon-Tempel“. Tatsächlich wurden die oberen Stockwerke komplett mit Blattgold vergoldet. Ein Mönch, der die Schönheit des Tempels angeblich nicht ertragen habe, hat ihn 1950 kurzerhand angezündet. Etwa fünf Jahre später wurde er neu aufgebaut, wobei man sich genau an die ursprünglichen Pläne hielt.

Viele Japanerinnen besuchen die Tempel im traditionellen Kimono. Und wenn man sich schonmal hergerichtet hat, dann fotografiert man sich nicht nur gegenseitig, sondern lässt sich zum Glück auch bereitwillig von ausländischen Touristen ablichten.

Wenn die individuelle Sättigungsgrenze erreicht ist und ein Tempel dem anderen zu gleichen beginnt, ist die Zeit für Kyotos Gärten gekommen. Die Kirschblüte lässt leider immer noch auf sich warten, aber eine sehenswerte Alternative zur Blütenpracht ist der Bambusgarten im Stadtbezirk Arashiyama.

Und schließlich, wenn man meint alles Sehenswerte gesehen zu haben, den Reiseführer erschöpft beiseite legt und einfach durch die Straßen läuft, dann ist Kyoto auch einfach ganz schön anzusehen.

Kyoto ist nicht zuletzt auch für seine Küche bekannt. Wir haben uns durch Pfannkuchen und Teigtaschen bis hin zum Wagyū-Rind gegessen. Leider bin ich dabei meist recht hungrig geblieben, denn Japans Küche gilt zwar vielen als die vollkommenste der Welt, aber die üppigste ist sie sicherlich nicht. Vielleicht ein Grund weshalb sie so gesund sein soll.

Von Kyoto aus sind wir nach Osaka und Nara gefahren. Da man beide Städte bequem und schnell mit dem Zug erreichen kann, war es nicht nötig das Hotel zu wechseln. Die Fotos werde ich in einem neuen Beitrag nachliefern, denn morgen müssen wir zeitig nach Koya-san aufbrechen.

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